“impuls·e”
eröffnungstext von holle vollbrecht
steht drüber an der wand und stand auch in der zeitung:
franz betz ist jg 1963, geboren in sigmaringen,
hat sein design-büro im quirligen stadtteil linden,
ein miniaturlabyrinth,
dessen “kabinette“
von seinen künstlerischen arbeiten belebt werden.
alles steht franz betz zur verfügung,
so wäre er eigentlich auch der passende redner zu seinen arbeiten.
denn ich finde, er ist ein kommunikationsgenie.
außerdem
ist er designer, künstler, technikfreak,
individualist und netzwerker.
er lebt von seiner arbeit als designer und
kann sich “verrückte sachen“ leisten,
indem er z.b. andere davon überzeugt, diese zu sponsern.
siehe plakat ganz unten.
“verrückte sachen.“
so nennt franz betz mehrfach im gespräch seine künstlerischen werke.
und so ernst war es ihm um die freiheit,
“verrückte“ projekte verwirklichen zu können,
dass er für einen weiteren studiengang den ort wechselte,
von kaiserslautern nach hannover zog,
1991 das architekturstudium abschloss,
weil er zu der zeit dort den größten freiraum fand,
seine schöpferischen ideen auszuleben.
kein stillstand in sicht.
wie diese schwungvolle inszenierung von holz, metall und licht durchaus strahlend belegt.
das repertoire seiner thematischen anspielungen umfasst unsere gesamte kultur,
von der steinzeit bis zur zweiten moderne.
das repertoire seiner materialien ist von den erfahrungen seines berufslebens inspiriert
und erweitert sich durch seine kreative neugier:
er spielt mit industriellen maschinen, mit aluminium- und holz- verbundplatten,
mit hölzern aller art,
benutzt kettensägen, plotter, pc, leds – davon muss er ihnen selber vorschwärmen –
auch leuchtstoffröhren aus handwerklicher maßanfertigung.
raum als zentrales thema.
dabei unübersehbar – unüberfühlbar:
das künstliche licht.
es beeinflusst mit seinem widerscheine
die stimmung und die proportionen des raums.
es fließt, es beißt, es tastet ab,
und es leuchtet in schwungvollen linien:
2d -effekte, aber real 3-d: raumobjekte, mit dem glasbläser erarbeitet,
damit das licht in gleichmäßiger helligkeit scheine.
die lineaturen selbst sind
wie ein echo auf asiatische grasschrift,
auf die écriture automatique seit dada,
auf graffiti-tags
oder – falls sie leuchten –
auf das chichi einer cocktailbar,
hier rot am fenster.
staunen sie ruhig: das ist ein “i“,
dort mehrfarbig
in den 3 objekten: “1r, 1g, 1r,“ künstler- kurzprogramm:
grundfarben der additiven farbmischung.
“who’s afraid of red-green-blue“
sie haben es begriffen,
diese leichten, bisweilen fast figürlichen wirkenden vertikal aufsteigenden
schlängel-linien
sind jenseits ihrer optischen attraktivität
übertragungen lateinischer buchstaben ins franzbetzische,
persönliche codierungen des alphabets,
sozusagen vom verbindlichen ins private
und wieder zurück in eine individuelle geprägte verbindlichkeit.
man kann damit wirklich wörter bilden,
vorausgesetzt, franz betz drückt einem als schlüssel ein kärtchen in die hand
mit allen 26 zeichen.
die finden sie auch unten auf den transparenten bildern im flur,
den “urformen“. diese gehen miteinander verbindungen ein
durch überlagerungen und den eingriff farbiger flächen.
so erweitern sie zwar ihre wirkung, aber die entschlüsselung ist erschwert.
franz betz sagt, 3 zeichen übereinander seien ideal.
und, kleiner spaß,
e,g,o z.b. passe so gut zum künstlertum.
mit der wahl und bearbeitung von materialien
und mit farben
steigert franz betz eine archaische anmutung der literatur.
hier sind es aluminium-verbundplatten, neuestes material, aufgeraut,
in das moderne formulierungen von ausgedacht urtümlichen handlungsanweisungen
eingefräst sind.
jetzt erinnern sie an höhlenmalerei, an steinzeitliche artefakte.
archaisch anmutend auch die 3 skulpturen, als “köpfe“ bezeichnet.
ergebnisse der kettensäge, meiner ansicht nach ein brutales gerät,
dem die künstlerische verwendung aufoktroyiert werden muss.
die resultate reduzieren komplexe formen derart aufs grundsätzliche, dass es mir leichter
fällt, sie ausschließlich als abstrakte gestaltung zu sehen,
bei denen jeweils aus der mitte heraus der raum ringsum mit großer formsicherheit
ausgelotet wird.
die jüngsten arbeiten franz betz’ greifen immer immer wieder in den raum aus
mit verbundholzmodulen wie diesen:
scharniere halten rechteckige elemente unterschiedlicher formate beweglich,
ermöglichen verbindungen, halb starr, halb flexibel,
formen merkwürdig einstürzte kartenhäuser, anarchische wucherungen.
insektenbeine, horizontaler merzbau,
raunt franz betz mir zu,
synapsen-modell!
ich gebe es an sie weiter.
hier können ihre augen lange spazieren gehen.
diese module sind als kommunikationsobjekt konzipiert, die dort, wo sie lagern, zwar auch
von sich selbst sprechen, aber in 1. linie eine beziehung zu ihrer umgebung aufnehmen,
die der betrachter erfassen, finden oder erfinden kann.
wie stark der kommunikative prozess die grundlage bildet,
verdeutlicht franz betz’ methode, die gliederung der ensembles
menschen aus seinem umfeld zu überlassen,
deren sachgebiet nicht immer gerade ausgerechnet kunst ist.
er stellt das material zur verfügung.
die details werden partnerschaftlich formuliert.
diesen raum hat die architekturfotografin freya hagen durch ein objekt gestaltet,
vielleicht hat der raum das objekt beeinflusst.
ich glaube, solche art von arbeit entspricht am stärksten franz betz’ natur.
die möglichkeiten erweitern sich über das – wie er es nennt – eigen-sinnige hinaus,
sie entstehen aber – nun endlich einmal das wort – durch die impulse,
aber zugleich ein angebot an den “baupartner“
und an den betrachter ist,
die eigenen vorstellungen fließen zu lassen.
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2. auch die mitarbeiter von kunst im bahnhof haben versucht, ein objekt zu schaffen, wandelbar und
kommunikativ zumal, mehrere sinne ansprechend auch auf veränderung abzielend durch ihre
intervention, verehrtes mitfühlendes publikum. folgen sie dementsprechend ihrem impuls,
sie wissen, was ich meine: das buffet um die ecke.
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1. ich danke dem künstler im namen des vereins für seine anregenden arbeiten und für unsere gespräche, wünsche der ausstellung zuspruch und erfolg und ihnen allen einen angenehmen abend.
einführung von holle vollbrecht
ausstellung im bahnhof springe vom 28.09. – 18.10.2007
ausstellungseröffnung am 28.09.2007, 20.00 Uhr